Vor Vladimir Kloz kann man den Hut ziehen. Der Wirt aus dem Gasthof „Sägemühle“ in Großenohe in Franken, den er zusammen mit Kerstin Gößl betreibt, hat seinen Entzug erfolgreich überstanden, ist heute trockener Alkoholiker und rührt keinen Tropfen mehr an. Gratulation! Jetzt möchte Kloz, dass auch seine Gäste die Finger vom Alkohol lassen und hat sich entschlossen, in dem Gasthaus nur noch alkoholfreie Getränke auszuschenken. Sicher wirtschaftlich ein mutiger Schritt, vielleicht auch ein neues Geschäftsmodell für Ex-Alkoholiker, Menschen, die aus Glaubensgründen keinen Alkohol trinken, oder ihn prinzipiell ablehnen. Aber müssen dann gleich alle alkoholischen Getränke aus dem Angebot verschwinden? Mir steckt in dem neuen Konzept zu viel Missionarseifer! Für mich gehört eine Auswahl an alkoholischen Getränken nicht nur zwingend zur Wirtshauskultur, sondern schlichtweg auch zu einem Speisenangebot dazu. Ob am Ende jemand in einer Gastwirtschaft Alkohol trinkt oder nicht, sollte allein seine Entscheidung sein. Gastwirte haben – Stand heute – keinen Erziehungsauftrag, auch wenn die in vielen gesellschaftlichen Bereichen omnipräsente Bevormundung, die immer auch ein Stück Entmündigung umfasst, politisch gerade im Trend liegt. Sicher können Vladimir Kloz und Kerstin Gößl entscheiden, was sie ihren Gästen anbieten oder nicht. Und die können entscheiden, ob sie die Wirtschaft besuchen oder nicht. Also hopp oder topp. Schade nur, dass es immer weniger Mittelwege gibt. Übrigens: auch „alkoholfreies“ Bier kann und darf gesetzlich bis zu 0,5 Volumenprozent Alkohol enthalten, was rund vier Gramm pro Liter entspricht. Ein bisschen Mogelpackung ist beim Moralaposteln immer dabei.
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Noch kann ich mich ja entscheiden. Und zwar VOR der Tür eines Wirtshauses, nachdem ich Speisen und Preise studiert und bewertet habe. Und häufig bleibt dann ja der Hunger auf der Strecke, wenn man schon all die bemühte Veganerie liest. Vor kurzem erst stand ich vor der Speisekarte eines großen Pizzaladens (ist der nicht eigentlich lange Pleite? Ich war unsicher…) Aber dort werden solche Köstlichkeiten als “Pinsa” angeboten: Tomatensauce, veganer Pinsaschmelz, vegane Pflanzenprotein-Wurst nach Art Peperoni Salami, Paprika, rote Zwiebeln, Jalapeños, Chili-Mayo.. Na ja, die Schmerzensschreie der aus ihrem familiären Lebensumfeld gerissenen Zwiebeln oder Paprischkas möchte ich dann auch nicht mehr hören. Also bitte eine aus Zellstoffen, toten Algen, Erbsenbrei und Bindemitteln hergestellte Zwiebel, damit ich kein schlechtes Gewissen haben muss. Ach ja: Der Preis! 13.45 Euro!
Noch bleibt uns die Wahl. Im wahrsten Sinne des Wortes. Im Gasthaus und überall! Nutzen wir sie!
Vielleicht etwas mehr Toleranz gegenüber neuen Konzepten? Es gibt schließlich auch ausschließlich vegetarische Restaurants … und außerdem: Gerade für trockene Alkoholiker und bewusste Nicht-Alkoholiker wird hier ein “safe space” geboten, in dem man/frau gar nicht erst in Versuchung kommt, keine Alkoholgerüche atmet und keine Betrunkenen erleiden muss …. also: why not?
… schreibt einer, auf den Voltaires Spruch zutrifft:
“ich teile Ihre Meinung nicht, aber ich würde mein Leben dafür einsetzen, daß Sie sie äußern dürfen.” ;—))))
Kerstin hat mir die Geschichte erzählt. Vladimir ist erst dann trocken gewesen, als es wirklich keinen Alkohol mehr gab. Sonst kam er immer wieder aus der Küche und hat sich “einen Schnitt” eingeschenkt. Immer wieder… Insofern ist die Konsequenz verständlich und notwendig für den Familienfrieden.
Grüße aus Forchheim