Dass die allgemeine Verblödung, oder sagen wir es in kommoderer Sprache, die Bildungsferne, dermaleinst auch in der Weinwirtschaft ankommen wird, war spätestens seit der Idee zur geschlechterübergreifenden Weinkönigin klar. Doch diese zweitklassige Provinzposse ist nichts gegen die Heils-Botschaft, die ein junger, bis dato weitgehend unbekannter Winzer aus Rheinhessen auf seine Etiketten geschrieben hat.
„Kein Wein den Faschisten“ heißt seine Cuvée aus Weissburgunder und Chardonnay und man fragt sich, was der Schlauberger damit meint? Sollen Faschisten prinzipiell keinen Wein trinken, oder nur diesen nicht, weil sie ja vielleicht lieber ein reinsortiges Gewächse bevorzugen. Muss man jetzt vor dem Weinkauf bei Alexander Flick glaubhaft versichern, dass man kein Faschist ist? Kann man bei Nancy Faeser oder dem ihr hörigen Verfassungsschutz einen Antifa-Nachweis beantragen, ähnlich dem Arier-Nachweis aus dunklen Zeiten?
Überhaupt müsste vorab geklärt werden, wen der Winzer mit Faschisten meint. Linksfaschisten, Ökofaschisten, oder doch die sogenannte „Rechte“, die historisch korrekt aus der nationalsozialistischen Ecke käme, also Sozialisten sind, wie es Hitler in seinem Buch „Mein Kampf“ mehrfach betont? Wäre natürlich nicht nur für die Antifa fatal, wenn Hitler am Ende ein Linker gewesen wäre. Das würde allerdings Kurt Schumacher bestätigen, den großen Sozialdemokraten und KZ-Überlebenden, der Kommunisten als rotlackierte Nazis bezeichnete und von rotlackierten Faschisten sprach.
Soll der mal rumlabern, der olle Schumacher, werden sich die Verantwortlichen des FC St. Pauli denken, die hinter der Faschisten-Wein-Idee stecken. Im Jahre 2015 kam den Hamburger Kiez-Kickern die Idee, ihre Liebe zum Rebensaft mit politischem Engagement zu verbinden und das Projekt „Kein Wein den Faschisten“ ins Leben zu rufen. Seitdem versorgen sie ihre Klientel mit Tropfen, die nach eigener Aussage nicht nur durch Qualität, sondern auch durch „Haltung“ überzeugen. Natürlich der richtigen!
Hauptsache man übt sich in diesen Zeiten in wahrhafter Toleranz, sofern sie nicht in Meinungsvielfalt ausartet, verteidigt mutig die Demokratie auch gegen demokratische Werte, bekennt sich zur einzigen Wahrheit, zu deren Erkennen man leider manchen Zeitgenossen zwingen muss, schaut weg wo man eigentlich hinschauen müsste, und geht mit legimitiertem Hass und Hetze gegen Hass und Hetze vor.
Und man gönnt den Faschisten keinen Wein. Das kann aber nur der Anfang sein, vielleicht gibt es bei Alexander Flick und seinen ähnlich gepolten Winzerkollegen demnächst „Kein Wein den Antisemiten“, „Kein Wein den Homophoben“, „Kein Wein den Klimaleugnern“ et cetera, et cetera. Vielleicht sogar „Kein Wein den Linksextremisten“? Sorry, kleiner Scherz, das sind ja die Guten. Ich persönlich wäre ja für „Kein Wein den Mittelspurfahrern“.
Ein wenig erinnert die Chose an die Aktion des legendären Barolo-Winzers Bartolo Mascarello, der 1999 eine Edition mit Künstleretiketten herausbrachte, auf denen „No Barrique No Berlusconi“ zu lesen war. Damals grassierte in Piemont die Barrique-Mode, die den ursprünglichen Barolostil zu verfälschen drohte, und ein ebenso exzentrischer wie umstrittener Unternehmer namens Silvio Berlusconi dominierte die italienische Politik. Dagegen wehrte sich der Traditionalist Mascarello auf ironische Art. Flaschen der Edition werden heute für tausende Euro im Internet und auf Auktionen gehandelt. Kaum vorstellbar, dass die bierernsten und politisch hyperkorrekten Antifa-Flaschen aus Deutschland einmal ähnlich hohe Preise erzielen werden.
Foto: Pixabay
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