Charaktervoll: Biodynamische Champagner

von | Feb 16, 2024 | Ausgetrunken | 0 Kommentare

Für ihre Idee machen sie keine auffällige Werbung, sie sind nicht unter einem einheitlichen Logo organisiert und auf den Etiketten findet man nur selten – dann aber dezent – den Hinweis auf die etwas andere Produktionsmethode. Bio-Winzer in der Champagne sind keine idealistischen Träumer oder von einem missionarischen Eifer besessene Weltverbesserer, die für sich in Anspruch nehmen, die Wahrheit gefunden zu haben um bessere Weine produzieren zu können. Champenoiser Winzer, die nach biodynamischen Methoden arbeiten, sind vor allem Individualisten, die sich als Mittler zwischen Natur und Mensch verstehen und ihre Idee von einem intakten natürlichen Gefüge realistisch einschätzen. Ihre Idee der Biodynamie ist vom Respekt gegenüber der Natur getragen, fest integriert in das „Savoir Vivre“, das keinen Verzicht predigt sondern ein „retour á la terre“ mit allen genüsslichen Zügen, die das französische Landleben trotz Globalisierung und Industrialisierung der Nahrungsmittel heute noch bereithält.

Biodynamisch erzeugte Champagner sind rar, ihre Produzenten wissen um die Nische – wenngleich es in Frankreich deutlich mehr Bio-Winzer als in Deutschland gibt – in der sie sich bewegen, aber es ist eben keine Motzecke, sondern ein Lebensgefühl, das weniger Trauer um den Verlust des Paradieses, als vielmehr Optimismus um die bemerkenswerten Fähigkeiten der Natur widerspiegelt, sich selbst und damit alle Lebewesen in Einklang zu bringen. Biodynamie ist denn auch die Suche nach der Originalität des Ortes und nicht der Methode, ist die schmackhafte Widererkennung des puren Terroirs als Geburtstortes des Weines. Dafür lassen Biodynamisch arbeitende Winzer ihre Weinberge in einem natürlichen Zustand, alles was dort wächst und lebt wird als natürliches Gesamtsystem verstanden, das ineinandergreift und das nicht auf der einen Seite beschnitten werden kann, ohne dass auf der anderen Seite etwas fehlt oder ins Leere läuft.

Denn es geht beim biodynamischen Weinbau vor allem um die Bodengesundheit und ein natürliches Gleichgewicht, in den Produktionsprozess werden aber auch Aspekte wie Mondphasen, Sonnenläufe, die Gestirne und der Einfluss des Kosmos miteinbezogen. Durch diese Anpassung an den natürlichen Rhythmus der Natur sollen letztendlich gesündere Pflanzen wachsen. Denn wie Ebbe und Flut von der Anziehungskraft des Mondes anhängig sind, so geht die Biodynamik davon aus, dass auch das Keimen und Wachsen der Pflanzen auf Mondphasen reagieren. Biodynamik setzt vor allem auf die Selbstheilungskräfte der Natur und Homöopathie im Weinberg. Die drei wichtigsten Präparate des biodynamischen Weinbaus sind Kuhmist für den Boden, Kuhhorndung für die Wurzeln und mit Quarzstaub gefüllte Kuhhörner, die im Boden vergraben werden, um die Fotosynthese des Blattwerkes zu fördern.

Dennoch sind die Weinberge gepflegt, unkontrolliertes Reben-Wachstum unerwünscht. Biodynamie im Weinberg wirkt eher wie eine sanfte Medizin für die Erde, alles was an Kompost, Pflanzen und Mineralstoffen eingebracht wird, fördert die Humusbildung und soll die Mikroorganismen im Boden animieren, das System gesund und nährstoffreich zu halten. Nur so wird für Bio-Winzer das Terroir authentisch, kommt jener Geschmack in den Champagner, den die Natur tief im Boden versteckt hat und den der Winzer ohne aromatischen Verlust ins Glas bringen möchte. Dabei richten sich viele, aber längst nicht alle Winzer nach dem „Calendier des Semis“ von Maria und Matthias Thun, der die optimalen Konstellationen von Sonne, Mond und Sterne für Aussaat, Bodenbearbeitung aber auch Aktivitäten im Keller vorgibt. Wie viel Hokuspokus dabei ist und welche Kraft tatsächlich in der Natur steckt, darüber streiten selbst Bio-Winzer, doch die von ihnen produzierten Champagner sind allesamt charaktervolle Weine, deren Individualität in einer markant deutlichen Mineralität Ausdruck findet und damit die Idee bestätigt, dass die Originalität des Ortes und nicht die Methode den Geschmack bestimmt. Der Boden hat das letzte Wort.

Larmandier-Bernier

www.larmandier.com

Sophie und Pierre Larmandier haben Geschmack. Nicht nur das Weingut zeigt die sichere Hand für Stil und Ästhetik, auch die Champagner des Paares sind von einer bemerkenswerten Klasse. Biodynamisch arbeitet Larmandier erst seit 1999, davor gehörte die Familie zu den konventionellen Champagner-Produzenten.

Yves Ruffin & Fils

www.champagneyvesruffin.fr

Bereits Anfang der 1970er Jahre wurde in der Domaine mit Bio-Weinbau angefangen, ohne zu wissen wohin die Reise geht. Nur eines war sicher: Chemie sollte möglichst aus Weinberg und Keller verschwinden. Die Champagner sind kleine Meisterwerke, der Extra Brut ein erfrischender Wein mit Ecken und Kanten, charaktervoll und mit einer fantastischen mineralischen Note, die sich durch die feine Apfel-Aromatik zieht.

Francoise Bedel & Fils

https://www.champagne-bedel.fr/

Das Gleichgewicht halten und etwas machen, das Leben erhält. Für Francoise Bendel waren das wichtige Gedanken, als sie sich entschloss, den Familienbetrieb komplett auf biodynamische Produktion umzustellen. Sie wollte ein Miteinander von Natur und Mensch in einem lebendigen System, ohne Dominanz der chemischen Möglichkeiten, die Natur in Schach halten können. Für die Winzerin im kleinen Ort Crouttes-sur-Marne war dieser Schritt ein Abenteuer und ein Schritt in eine ungewisse Zukunft. Heute sind ihre Champagner tiefgründige und komplexe Weine, durch deren feine reife Aromen sich ein mineralischer Glanz von bemerkenswerter Eleganz zieht.

Fleury Pere & Fils

www.champagne-fleury.fr

Schon 1970 beginnen sich die Fleurys in Richtung Bio-Weinbau zu bewegen, experimentieren auf kleineren Flächen und sammeln Erfahrungen. Heute werden alle Weinberge biodynamisch bewirtschaftet. Die Champagner sind im besten Sinne des Wortes bodenständige Gewächse, die mit einer profunden Struktur und komplexen Aromen glänzen, die sich perfekt in das harmonische Geschmacksbild integrieren.

Champagne Duval-Leroy

www.duval-leroy.com

Auch das renommierte Champagner-Haus bietet Champagner, die nach den Richtlinien des biologischen Weinanbaus ohne den Einsatz von chemischen Mitteln in den Weinbergen und Keller produziert werden. Die Champagner, deren Trauben nordwestlich von Epernay im Vallée de la Marne wachsen, sind erstaunlich kräftige Champagner, die sehr druckvoll ihren komplexen Charakter präsentieren, nicht ohne der Finesse von Frucht und Mineralität genügend Platz einzuräumen.

Foto: Pixabay

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