Der Rheingau hat mich hervorgebracht, jener begünstigte Landstrich, welcher fröhlich bevölkert, wohl zu den lieblichsten der bewohnten Erde gehört. Als Thomas Mann diese Zeilen für seinen Roman „Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“ schrieb, war an mich noch nicht zu denken. Ich kam erst 1961, als die Berliner Mauer gebaut und im Bordelais ein Jahrhundertjahrgang eingefahren wurde, in Eltville am Rhein zur Welt, ging dort als katholischer Junge in den evangelischen Kindergarten und lernte schon früh die herbstliche, meist kalte und verregnete Weinlese kennen, um etwas Taschengeld zu verdienen. Es waren harte aber schöne Zeiten, in denen es Herbstferien gab, damit die Kinder in die Weinlese gehen konnten. Und sie lehrten mich schon früh die Lektion, dass Weine nicht im Weinberg entstehen, sondern im Keller gemacht werden. Daran ändern auch akademische Diskussionen von Theoretikern nichts. Die Knochenarbeit im feuchten Keller habe ich noch hautnah auf dem legendären, leider verschwundenen Weingut Schloss Eltz kennengelernt. Die Arbeit im schattenlosen Weinberg als Jugendlicher während der Sommerferien.
Auf ausdrücklichen Wunsch meines Vaters lernte ich Akkordeon und Klavier spielen. Ohne jegliche Begabung. Trotzdem war ich in den bunten 1970er Jahren Mitglied der Band „The Black Dogs“ und spielte Orgel, was heute einem Keyborder gleichkommt. Klingt viel cooler. Nach dem Abitur am Rheingau-Gymnasium ging es zum Studium der Rechts- und Staatswissenschaften zunächst nach Mainz, dann nach Dijon im Burgund. Meine profunde Liebe zu Frankreich, die mich bereits in frühsten Kindertagen packte, wurde in dieser stolzen, bäuerlich geprägten, gleichsam kulinarisch und kulturell wichtigen französischen Provinz jeden Tag aufs Neue bestätigt. Sie hat bis heute gehalten! Nach dem ersten Staatsexamen war klar, dass mir die interessanten Jobs am „Jüngsten Gericht“ verschlossen bleiben würden und ich gab meiner eigentlichen Leidenschaft nach und begann ein Volontariat in einem großen Frankfurter Verlagshaus. Es folgte eine mehrjährige Tätigkeit als Redakteur in der bunten Modewelt, begleitet von spannenden Reisen und interessanten Begegnungen. Mitte der 1990er Jahre bekam ich das Angebot als stellvertretender Chefredakteur zu einem Wein-Magazin nach Mainz zu wechseln. Zeitgleich erschienen meine ersten Bücher, die sich mit Essen und Trinken und der daraus entstehenden Kultur beschäftigten. Einige davon wurden auf der Frankfurter Buchmesse, in London und in der Schweiz mit Preisen ausgezeichnet. Bis heute sind es fast 100 Bücher geworden, an denen ich mitgearbeitet oder selbst geschrieben habe. Dazu unzählige Artikel in Zeitungen, Zeitschriften und Magazinen. Anfang 2000 erfolgte der Ruf nach Hamburg, wo gerade ein neues Wein-Magazin aus der Taufe gehoben wurde. Ab der zweiten Ausgabe war ich mit dabei. Vom Norden ging es Jahre später in den Süden, oder zumindest in die Richtung. Sieben Jahre waren Neustadt an der Weinstraße und Deidesheim meine zweite Heimat, beruflich als Leiter eines Verlages für kulinarische Bücher, dann als Geschäftsführer zweier Hotels inklusive dreier Restaurants, eines davon mit einem Michelin Stern ausgezeichnet. Eine wichtige Erfahrung, die meine journalistische Sicht auf die Gastronomie und Hotellerie veränderte. Gut, wenn man über Dinge schreibt und kritisiert, die man von allen Seiten kennt.
Da ich nie sonderlich gut kochen konnte, aber eine ausgeprägte Affinität zu diesem großartigen Handwerk habe, weil schon meine Oma Lina (Jahrgang 1899) Köchin war und zu jedem Familienfest mein damaliges Lieblingsgericht „Zunge in Madeira-Soße mit Salzkartoffel“ kochte, und ich bis heute viel und gut essen kann, wurde meine journalistische Alltagsarbeit um Restaurant-Kritiken erweitert, die sichtbare physische Spuren hinterlassen haben. Aber solange der Geist wach ist, moderiere ich Veranstaltungen, halte Vorträge und mache kulinarische Lesungen und Weinproben auf eine etwas andere Art, begleite Reisen und zeige liebend gerne Menschen meine Heimat im engeren und weitesten Sinne. Und natürlich schreibe ich. Artikel rund um die Themen Essen und Trinken, gerade auch ein Buch über den Rheingau. Die Erinnerung an unbeschwerte Kinder- und Jugendtage an den Schlössern der Loire haben mich dazu bewogen, Licht- und Ton-Shows „son et lumiére“ für historische Stätten wie das Niederwalddenkmal und Kloster Eberbach, aber auch für Weinberge zu konzipieren und umzusetzen. Im Jahre 2020 habe ich die „SEEFOOD Company“ gegründet, die sich auf vielfältige und ungewöhnliche Art und Weise mit Kulinarik beschäftigt.
Und dann bin ich Georg Etscheit begegnet. Auf unserem 40jährigen Abiturtreffen. Und genau solange haben wir uns nicht gesehen oder gehört, obwohl wir beide in Eltville groß geworden sind. Wir wussten wenig voneinander, nur, dass wir zusammen Abitur am Rheingau-Gymnasium in Geisenheim gemacht hatten. Jetzt wissen wir, dass wir uns im kulinarischen und gastrosophischen Interesse ähneln, beide eine realistisch- konservative Sicht auf die Dinge haben, mit der spitzen Feder umgehen können und uns trauen auch Themen anzusprechen, um die viele Zeitschriften, Zeitungen und Magazine gerne einen Bogen machen. Deswegen unser Blog! Aufrecht, sicher manchmal unbequem, immer kritisch aber nie einseitig, fair, frei und unbestechlich. So machen wir das, viel Spaß beim Lesen!
0 Kommentare