Ein Dönerspieß für den Präsidenten – oder – Eulen nach Athen tragen

von | Apr 24, 2024 | Aufmacher | 0 Kommentare

Ich kann mich noch genau an meine erste Tiefkühl-Pizza erinnern, die meine Mutter im Sommer 1970 im örtlichen Supermarkt erstanden hatte, und die schnell dem samstäglichen Grillhähnchen den Rang ablief. Ein paar Jahre später eröffnete die erste McDonald Filiale in Wiesbaden, ein weiterer Meilenstein auf dem kulinarischen Weg ins geschmacklose Niemandsland. Wann allerdings der Döner Kebab in mein Leben trat, wahrscheinlich in der Variante mit Krautsalat und strahlend weißer Knoblauch-Sauce, aber ohne Tomaten, kann ich heute nicht mehr mit Gewissheit sagen. Er war einfach irgendwann da. Still und leise, so wie sich der martialische Fleischberg, der immer etwas nach geröstetem Hundefutter duftet, lautlos an den Glühstäben vorbeidreht. Stundenlang, tagelang…

Angeblich soll Döner Kebab 1972 in Berlin von Kadir Nurman erfunden worden sein, einem türkischen Gastarbeiter, dem man dafür heute noch die Füße küssen muss. Seine Erfindung gehört nämlich zu den beliebtesten Fast-Food-Gerichten der Deutschen. Und die glauben in der Mehrheit, dass es sich dabei um eine typisch türkische Spezialität handelt. Das kann aber nicht sein, Döner ist deutsches Nationalgut und die Leibspeise vieler Landsleute und Landsleutinnen! Denn sonst hätte unser verehrter Herr Bundespräsident dem noch verehrteren Herrn Präsidenten Recep Tayyip Erdogan doch keinen Döner-Spieß als Gastgeschenk mitgebracht. Man trägt doch keine Eulen nach Athen! Und schon gar nicht nach Ankara. Frankie, wie ihn seine alten Komintern-Freunde nennen, weiß genau wie er seinem türkischen Kollegen eine Freude machen kann.

Gut, wenn Diplomatie auf Augenhöhe funktioniert, auch ein Staatsoberhaupt hier und da zu Scherzen aufgelegt ist und eine witzige Figur macht. Ansonsten ist das politische Personal ja eher zum Heulen. Danke, Frank-Walter Steinmeier. Recep Tayyip Erdogan wird sich bei seinem Gegenbesuch in Berlin sicher mit einer Packung Puffreis oder einem Kasten „Mon Chéri“ revanchieren.

Foto: Pixabay

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