Ein Soufflé ist dem Wortsinn nach etwas Aufgeblasenes. Es besteht vor allem aus – Luft. Derzeit herrscht Hoch-Zeit für Soufflés, vor allem in der Politik. In aufgeblasenem Zustand machen Soufflés einiges her, doch sie sind extrem anfällig für Störungen. Wenn man beispielsweise ein Käsesoufflé im Ofen hat – später mehr zu dieser Köstlichkeit – und zu früh die Ofentür öffnet, um nachzuschauen, ob es schon fertig ist, fällt es zusammen wie ein – Soufflé eben. Dann bleibt nicht viel übrig von der luftig-leichten Herrlichkeit. Keine Ahnung, wie man ein Soufflé machte, als es noch keine gläsernen Backofentüren gab und keine Hitze beständigen Lämpchen zur Ausleuchtung der Bratröhre.
Eng mit Soufflés verwandt sind Schäume. Schäume sind gerade en vogue in der Gourmetküche. Sie dienen als Ersatz für Saucen und schmecken oft nach wenig bis nichts, weil Luft keinen Geschmack hat. Aber sie vermitteln den Eindruck von Leichtigkeit und sind attraktiv für Feinschmecker, die sich zwar gerne ein Acht-Gänge-Menü einverleiben, aber dabei, Gott bewahre, kein Gramm zunehmen wollen. Saucen, denen Butter und Sahne ihren Geschmack verleiht, können das nicht leisten. Also wird in den Sterne- und Haubenküchen geschlagen und geschäumt, was das Zeug hält und man sollte die Hoffnung nie aufgeben, dass das Geblubber nicht schon auf dem Weg zum Gast sein ätherisches Leben aushaucht.
Die meisten Hobbyköche haben Angst vor einem Soufflé, wie sie Angst davor haben, eine Sauce Hollandaise herzustellen. Dabei kann man gar nicht so viel falsch machen, wie man denkt. Zunächst muss ein Brandteig zubereitet werden, französisch eine pate a choux. Das ist dieselbe Masse, aus der Eclairs bestehen oder die hierzulande fast nie erhältlichen Chouquettes. Ich habe sie bei meinen gelegentlichen Berlin-Besuchen immer in der Fressabteilung des KADEWE kaufen können und zwar am Stand des Pariser Luxuspatissiers Lenôtre. Sie sind außen knusprig, innen knetschig; der Teig schmeckt leicht salzig, obwohl sie mit grobem Hagelzucker bestreut werden.
Bei meinem letzten Besuch musste ich betrübt feststellen, dass man sie aus dem Sortiment geworfen hatte – wahrscheinlich in Bezug auf Textur und Geschmack zu komplex für deutsche Durchschnittskonsumenten und vor allem für die vielen Touristen in Deutschlands angesagtester Feinschmeckeretage. Jetzt bleibt für mich noch die kleine Münchner Boulangeriekette Dompierre, wo die Chouquettes aber ein wenig anders schmecken als weiland im KADEWE. Nicht so gut, finde ich. Lenôtre ist eben Lenôtre. Oder war Lenôtre?
Dompierre hatte auch mal Gougères im Angebot, das sind gewissermaßen Chouquettes, die mit Käse statt Zucker pikant zubereitet werden. Im frischen, am besten noch warmen Zustand ein göttlicher Snack zu einem Glas Wein. Doch leider wurden sie ähnlich den Chouquettes bei Lenôtre in Berlin ausgemustert, angeblich aus Personalmangel, wie mir eine Verkäuferin bei Dompierre sagte. Ich fürchte allerdings, dass sich für die hierzulande kaum bekannte Gebäckspezialität aus Frankreich nicht genug Abnehmer fanden. Und nach einem Tag sind Gougères wie Chouquettes nicht mehr so delikat, dass man sie noch guten Gewissens verkaufen könnte. Also bleibt nur eines: selber backen.
Für einen Brandteig (auch Brandmasse ) muss man zunächst aus zerlassener Butter und Mehl eine helle Roux herstellen, eine dicke Mehlschwitze. Dann etwa Milch dazugeben, salzen, pfeffern und mit Muskat würzen, weiterkochen. In einem anderen Topf Eigelbe mit Sahne vermischen und zu der verlängerten Roux geben, die aber noch keine Béchamelsauce geworden ist. In die warme Creme kommt der geriebene Käse, etwa ein würziger (!) Bergkäse, Gruyère, Emmentaler oder Comté. Wenn man die Masse nun in einen Spritzbeutel füllen und portionsweise auf ein Backblech spritzen würde, erhielte man – im Prinzip – Gougères, ob mit oder ohne Speck. Wenn man noch sehr steif geschlagenen Eischnee unterhebt, ist man auf dem Weg zu einem Soufflé. Wichtig: die Butter-Mehl-Ei-Käsemasse darf nur noch höchstens lauwarm, wenn man den Eischnee unterzieht, sonst zerläuft er. Dann muss man die Masse vorsichtig in eine Soufféform oder mehrere Förmchen füllen und ab in den Ofen.
Mit etwas Glück und wenn das Licht in der Backröhre nicht ausgefallen ist, geht das Soufflé bald in die Höhe und bildet im Idealfall eine Art Haube. Sobald diese nach zwanzig bis dreißig Minuten eine goldbraune Farbe angenommen hat, kann man das Soufflé einigermaßen gefahrlos aus dem Ofen nehmen und sollte es noch warm servieren. Vorher muss man sich mit der Messerprobe vergewissern, dass die Masse auch innen gar ist. Falls nicht, weiterbacken und eine Alufolie obenauf legen, damit die Haube nicht verbrennt. Zu einem Käsesoufflé sollte man Salat reichen und einen gehaltvollen Weißwein, am besten einen guten Chardonnay aus dem Burgund. Als Vorspeise halte ich ein Käsesoufflé fast schon für zu reichhaltig. Denn man sollte nicht meinen, dass dieses Luftgebilde leicht ist, ganz im Gegenteil, dafür bürgt schon der Käse. Und deswegen findet man es auf Speisekarten so gut nie, leiderleider.
Natürlich kann man ein Käsesoufflé auch anstelle eines Käsegangs auftischen. Wenn man nicht gleich ein süßes Soufflé zaubert, vielleicht ein Soufflé au Grand Marnier. Oder einen mit viel Sahne gefüllten Windbeutel, der auch aus Brandteig gemacht wird. Da man zumindest jetzt in der Osterzeit der Politik entsagen sollte, spare ich mir einschlägigen Vergleiche. Windbeutel, wie sie etwa im Traditionscafé Windbeutelgräfin im oberbayerischen Ruhpolding verkauft werden, sind ein eigenes Thema, kulinarisch wie politisch. Zu gegebener Zeit mehr dazu.
Foto: Pixabay
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