Frankfurter Kranz und Buttercreme

von | Jun 2, 2023 | Altbewährt | 0 Kommentare

Buttercreme…für die Gesundheitsapostel der ewig jugendlichen Adidas-Gesellschaft ein Unwort. Reines Fett! Wie kann man nur? Dazu noch von toxischen Kühen, die mit ihren Pfürzen die Atmosphäre vergiften und unserer Klimakleberjugend die Zukunft rauben. Wenn Fett, dann Pflanzenöl oder Margarine, so wollen es die Agrarwender. Über das schauerliche Kunstprodukt Margarine schrieb ich schon, das lesen Sie hier. Gegen gutes Pflanzenöl, vor allem ein natives Olivenöl, ist nichts einzuwenden. Nur leider kann man damit keine Buttercreme machen.

Es gibt nicht nur eine bestimmte Buttercreme, sondern mehrere Varianten. Eine Englische Buttercreme basiert auf einer Englischen Creme, die auch als Grundlage für eine Crème Bavaroise dient. Dazu werden Eigelbe mit Zucker verrührt und zusammen mit erhitzter Milch oder Sahne, in die man eine aufgeschlitzte Vanilleschote geworfen hat, auf mildem Feuer „zur Rose“ abgebunden. In diese dickliche Vanillesauce wird dann schaumig geschlagene Butter gerührt. Sie hat die richtige Konsistenz, wenn sie nicht mehr gelblich, sondern fast weiß geworden ist.

Als noch reichhaltiger gilt eine Französische Buttercreme. Dafür verwendet man ganze (!) Eier, die zusammen mit Vanille und Zucker im Wasserbad schaumig aufgeschlagen werden. Unter die abgekühlte Mischung wird dann wiederum die schaumig geschlagene Butter gezogen. Etwas rustikaler, aber nicht weniger lecker, ist Deutsche Buttercreme. Hier dient als Grundlage eine mit Mehl gebundene Konditorcreme. Dazu Milch mit Vanille aufkochen, Eigelbe mit Zucker und Mehl oder Speisestärke cremig schlagen und in die kochende Milch rühren, aufwallen und abkühlen lassen.

Wenn es schnell gehen soll, kann man die Konditorcreme auch durch einen Vanillepudding von Dr. Oetker ersetzen. Das ist zwar ein Convenience-Produkt, aber zumindest kann es auf eine lange Tradition verweisen. Puddingpulver von Dr. Oetker vermittelt schon seit 1894 „das Gefühl von Geborgenheit, Liebe und bestem Puddinggeschmack“, säuselt die konzerneigene Marketingabteilung. Bei so viel werblichem Wohlklang kann man schon mal schwach werden.

Eine perfekt homogene Buttercreme herzustellen, ist recht anspruchsvoll, weil hier drei Dinge eine innige Verbindung eingehen sollen, die sonst wenig Sympathie füreinander haben: Wasser, Fett und Luft. Die wichtigste Regel bei der Zubereitung lautet: Grundcreme und Butter müssen die gleiche Temperatur haben, nämlich Zimmertemperatur. Ist die Creme zu warm, schmilzt die Butter, ist sie zu kalt, erstarrt das Fett zu winzigen Flöckchen, was die Masse grisselig macht.

Wenn das Ergebnis zufrieden stellend ausgefallen ist, kann man die fertige Creme bis zur weiteren Verarbeitung im Kühlschrank durchaus ein paar Tage aufbewahren. Allerdings muss man sich selbst und andere Schleckermäuler davon abhalten, die zartschmelzende Köstlichkeit einfach aus der Schüssel zu löffeln.

Mit das schönste, was man aus dieser Creme fabrizieren kann, ist ein Original Frankfurter Kranz. Früher stand das Gebäck in jeder Kuchentheke der Republik, heute wird es zunehmend von angeblich leichteren Backwerken oder modischen Errungenschaften wie den US-amerikanischen Muffins verdrängt. Vielleicht liegt das auch daran, dass Frankfurt am Main als Stadt keinen besonders guten Ruf hat. Da schwingen wohl zwiespältige Erinnerungen ans berüchtigte „Bahnhofsviertel“ und gewalttätige Straßenkämpfe mit, bei denen sich auch ein ehemaliger Bundesaußenminister unrühmlich hervortat. Auch die Frankfurter Finanzindustrie genießt spätestens seit der Finanzkrise keinen besonders guten Ruf.

Doch die meisten Menschen kennen „Mainhatten“ ohnehin nur als Start- und Landeplatz für Flugzeuge, was ungerecht ist, zumal Frankfurt auch kulinarisch einiges zu bieten hat: Frankfurter Würstchen, Grüne Soße. Ebbelwoi, Bethmännchen und eben Frankfurter Kranz. Die runde Torte mit ihrer gold-schimmernden Hülle aus Krokant und den glänzenden roten Belagkirschen soll angeblich an eine Krone erinnern – schließlich war Frankfurt Jahrhunderte lang Krönungsstadt deutscher Kaiser. Ihre englische und französische Bezeichnung “Frankfurt Crown” oder “Couronne de Francfort” führt die Krone denn auch im Namen. Aber genaues zur Herkunft des Gebäcks weiß man nicht, wie so oft.

Ganz wichtig: Der gebackene Teigkranz, der später mit deutscher (!) Buttercreme gefüllt wird, darf nicht zu fluffig sein. Man benötigt also keinen leichten Biskuit, sondern einen reichhaltigeren Rührteig wie für einen normalen, feinporigeren Sandkuchen. Der Kranz wird in abgekühltem Zustand zweimal waagerecht durchgeschnitten, mit Buttercreme gefüllt und überzogen, und hernach dick mit Krokant bestreut, bevor man ihn mit Buttercremetupfen aus dem Spritzbeutel und roten Maraschinokirschen verziert. Ob man unter die Buttercreme noch Schichten von Marmelade streicht, ist Geschmackssache. Auf jeden Fall sollte es eine säuerliche Marmelade oder ein Gelee sein, am besten von roten Johannisbeeren. Ach ja, sowohl in den Teig wie in die Creme gehört immer eine Prise Salz!

Eindringlich gewarnt sei vor der Verwendung industriell vorgefertigter Krokantstreusel. Die schmecken oft muffig und beeinträchtigen den feinen Buttergeschmack eines Frankfurter Kranzes erheblich. Deshalb sollte man die Mühe nicht scheuen und selbst einen Mandelkrokant herstellen. Mandeln sollten es schon sein, keine billigeren Haselnüsse.

Es gibt übrigens, vergleichbar einer „Prinzenrolle“, verschiedene Techniken, einen Frankfurter Kranz zu essen. Ich selbst widme meine Aufmerksamkeit zuerst den mir immer etwas aufdringlich erscheinenden Kirschen, kratze dann den Buttercremeüberzug mitsamt dem Krokant ab und arbeite mich Schicht für Schicht voran. Mein Grundsatz lautet: Teig und Creme immer getrennt voneinander genießen! Das beste an einem Frankfurter Kranz ist und bleibt – die Buttercreme.

Foto: Pixabay

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