Nach Fleisch, Fisch, Fett und Zucker steht jetzt offenbar Salz ganz oben auf der Abschussliste der Genussverweigerer und Ernährungsbolschewisten. Wie anders ist es zu erklären, dass die Süddeutsche Zeitung in ihrer Wochenendausgabe vom 16./17. September dem Salz als potentiell gefährlichem Würzmittel eine voluminöse Reportage widmet. Mit Karl Lauterbach, dem wohl verpeiltesten Gesundheitsminister aller Zeiten, als Protagonisten. Lauterbach ernährt sich nämlich „konsequent salzarm“. Sogar bei einem Staatsbankett im Elysée-Palast habe er, sicher zur Verwunderung des französischen Staatspräsidenten auf salzarmer Kost bestanden. „Schwierig“ sei anfangs auch die Versorgung in der Kantine des Gesundheitsministeriums gewesen, wird Lauterbach zitiert: „Da konnte jeder essen, nur ich bekam überhaupt nichts“, sagt Lauterbach. „Alles war gesalzen.“ Dumm gelaufen, möchte man ihm hinterherrufen.
In der Reportage wird dankenswerter Weise darauf hingewiesen, dass es keine wissenschaftlichen Hinweise dafür gebe, dass eine kochsalzarme Diät auch jüngeren Menschen nutze, die keine gesundheitlichen Probleme haben. Also eigentlich Entwarnung. Nur Hypertonikern, Menschen mit zu hohem Blutdruck, wird eine Reduktion ihres Salzkonssums empfohlen, wobei diese von der Pharmaindustrie meist ohnehin bestens mit Medikamenten zur Blutdrucksenkung versorgt sind.
Wie auch immer: Lauterbach wird sicher bald, analog zu seinen Hitzeschutzplänen, die Bevölkerung mit Salzschutzplänen beglücken. In Südafrika gibt es laut SZ-Recherche bereits Natrium-Höchstwerte für Brot, Frühstücksflocken oder Tütensuppen. Chile führte demnach einen Warnhinweis auf der Vorderseite von Verpackungen ein, wenn Lebensmittel bestimme Salzgrenzwerte überschreiten. Südkorea habe zum Schutz von Kindern die Fernsehwerbung von zu salzigen Lebensmitteln zwischen 17 und 19 Uhr verboten. Und in Schulmensen auf den Seychellen soll nach einem festgelegten maximalen Salzgehalt gekocht werden – es gebe sogar Richtlinien für Schulkioske, Spendenaktionen und andere Schulevents.
Bis es soweit ist, freuen wir uns darüber, dass wir noch unbefangen zum Salzstreuer greifen dürfen. Versalzenes Essen schmeckt nicht gut. Doch ungesalzenes Essen ist schlicht ungenießbar.
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