Dass ausgerechnet die sogar von Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder einst hoch geschätzte Currywurst zum Signature Dish der Berliner Republik avancieren konnte, wirft kein gutes Licht auf die Esskultur der Deutschen. Man stelle sich einmal vor, welcher Sturm der Entrüstung durch Frankreich toben würde, wenn Staatspräsident Emmanuel Macron auf die Idee käme, sich an einer Pariser Imbissbude eine Falafel oder ein Stück Pizza einzuverleiben, ganz abgesehen davon, dass wohl immer noch für eine Mehrheit der Franzosen das Essen im Stehen oder Gehen ein Unding ist, das man gerne den kulturlosen Nachbarn jenseits des Rheins überlässt.
Wenn wir jetzt in Qualitätsmedien lesen, dass der Nimbus der Currywurst angeblich bröckelt, könnte man das zunächst als gute Nachricht werten. Der Lebensmittelkonzern Nestle will nämlich in seiner diesjährigen Ernährungsstudie herausgefunden haben, dass zwar nach wie vor an 80 Prozent der befragten Großküchenbetreiber das beliebte Gericht anbieten, doch sei in 42 Prozent der Betriebskantinen zwischenzeitlich auch eine Veggie-Currywurst vertreten. Weitere 16 Prozent wollten sie demnächst einführen.
Doch kann man aus diesen Zahlen wirklich schließen, dass die Nutzer von Mensen und Kantinen scharenweise der Currywurst den Rücken kehren und die fleischlose Alternative bevorzugen, wobei es sich bei dieser im engeren Sinne ja auch um eine Currywurst handelt? Oder ist es nicht eher so, dass sich woke Manager umwelt- und klimabewusst präsentieren wollen und ihren Mitarbeitern den Veggiefraß vorsetzen, den diese eigentlich gar nicht essen wollen? Frage über Fragen, denen dankenswerterweise ein Artikel in der „Welt“ auf den Grund zu gehen versucht.
Foto: Pixabay
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