Gäbe es die Frankfurter Kleinmarkthalle nicht, müsste man sie erfinden. Gelegen mitten im Stadtzentrum unweit des Frankfurter Römers und der vorbildhaft wieder aufgebauten Altstadt am Römerberg, wird hier alles geboten, was das Herz des Feinschmeckers erfreut. Darunter immer noch viel autochthon Hessisches, wobei Ethno-Food auch in der Kleinmarkthalle unübersehbar auf dem Vormarsch ist.
Seit die berühmte Fressgass zwischen Hauptwache und Alter Oper ihrem Namen nicht mehr gerecht wird, weil zwei einstige Traditionsadressen – Feinkost Plöger und die Bäckerei Lochner – schon vor langer Zeit ihre Tore geschlossen haben, ist die Kleinmarkthalle in der quirligen Mainmetropole eines der letzten Refugien für Menschen, die frische, hochwertige Lebensmittel in großer Vielfalt suchen.
Und natürlich auch für Touristen, die die Markthalle vor allem an Samstagen bevölkern, nicht zuletzt, um sich hier ambulant zu verpflegen, etwa am Stand der Metzgerei Gref-Völsing, seit 1894 in fünfter Generation familiengeführt, und weithin bekannt für ihre Rindswurst und natürlich die Original Frankfurter Würstchen mit leichtem Rauchgeschmack.
Eine weitere Frankfurter Spezialität, die berühmte Grüne Soße aus mindestens sieben unterschiedlichen Kräutern, gibt’s etwa bei Feinkost Treulieb. Und nebenan bei den gesprächigen Damen von Michel’s traditioneller Feinkost findet man oberhessische Aale Wurst, eine Art deutsche Salami und besonders gut, wenn sie lange gereift und sehr hart geworden ist. Außerdem Vogelsberger Kartoffelwurst, eine mit Kartoffel gestreckte Rohwurst-Rarität aus dem markanten Vulkangebirgsstock in Mittelhessen. Insgesamt bieten in der Markthalle mehr als 60 Händler auf engem Raum ihre Waren feil, Gedränge ist programmiert.
Ende des 19. Jahrhunderts errichtet, wurde die Halle im Stil der Neurenaissance im zweiten Weltkrieg, wie die gesamte Frankfurter Innenstadt, von Bomben zerstört. Wiederaufgebaut im nüchternen Stil der Nachkriegszeit wird sie heute von Touristikern „als gelungenes Konzept zwischen traditioneller Marktatmosphäre und modernem Schmelztiegel internationaler Spezialitäten“ gepriesen. Bleibt zu hoffen, dass die Traditionssparte nicht noch weiter erodiert. Denn was Frankfurts speziellen Charme ausmacht ist der zuweilen recht harte Kontrast zwischen glitzernder, himmelwärts strebender Moderne und alter oder wiedererstandener Fachwerk-Heimeligkeit.
Foto: Pixabay
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