Riff ahoi – Politisch-kulinarische Betrachtungen zum Karneval

von | Feb 12, 2024 | Aufmacher | 0 Kommentare

Es ist ein Privileg, die Zeit zeitgenössisch betrachten zu können, den Rückblick mit Wissen einzuordnen, den Ausblick mit Unwissen zu gestalten und darauf zu hoffen, „dass es nicht so schlimm wird, wie es schon ist“ (Karl Valentin). Die viel zitierte Binsenweisheit, „aus der Geschichte zu lernen“, verpufft dabei immer öfter als sinnentleerte Plattitüde. Eher treffen die Worte Jesu am Kreuz „Pater dimitte illis non enim sciunt quid faciunt“ (Vater vergibt ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun. Lukas 23,24) den Nerv der Zeit.

Viele Dinge scheinen aus dem Ruder gelaufen zu sein. Die tollen Tage beschränken sich nicht mehr auf die Zeitspanne zwischen Altweiberfastnacht und Aschermittwoch, Narretei ist Staatsraison geworden, und die Fastenzeit entpuppt sich für einige, bedauernswerte Zeitgenossen als ganzjähriger Zustand. Intellektuell auf Sparflamme kochen, entpuppt sich immer öfter als Einstellungsvoraussetzung für das politische Personal, bei dem hohle Köpfe versuchen aus dem Vollen zu schöpfen. Parteipolitische Geisterfahrten gehören zum guten Ton, ohne Licht mit Geschwindigkeit durch die Dunkelheit.

In einem Land, wo die italienische Schnellküche mit ihren tomatisierten Gerichten Triumphe feiert, ist es nicht verwunderlich, wenn die Menschen Tomaten auf den Augen haben und nicht erkennen, mit wem sie am Tisch sitzen. Wenn es ums Sattwerden geht, und sei der Einheitsbrei auch noch so geschmacklos und schwer verdaulich, kennt die Naivität der Deutschen keine Grenzen. Dann möchten auch Veganer an die Fleischtöpfe und tun alles dafür, ein ordentliches Stück vom Kuchen abzubekommen. Koste es was und wen es wolle.

Selbst Grün ist nicht mehr die Farbe des Aufblühens, sondern des geistigen Moders, unappetitlich und schädlich für jede Form des gesunden Wachstums. Da vergeht einem schnell der Appetit, es sei denn, man hat einen Magen wie ein Pferd, das man ohne Widerstand, aber mit Scheuklappen vor jeden Karren spannen kann. Vorweg das Banner der Ideologie, getarnt als erleuchtende Wahrheit, ein berechtigter Kreuzzug der Guten, von den Mächtigen ausgestattet mit der Lizenz zum denunzieren, lügen, täuschen, hassen und hetzen. Bellum iustum, für Gläubige und Ungläubige gleichermaßen ein Heidenspaß. Und William Shakespeare scheint es bereits vor mehr als 400 Jahren geahnt zu haben und schreibt in seinem Werk „König Lear“: Es ist der Fluch unserer Zeit, dass die Irren die Blinden führen.

Und die Anderen? „Wer darf das Kind beim rechten Namen nennen? Die wenigen, die was davon erkannt, die töricht genug ihr volles Herz nicht wahrten. Dem Pöbel ihr Gefühl, ihr Schauen offenbarten, hat man von je gekreuzigt und verbrannt.“ (Goethe, Faust I, Vers 589). Alles was Recht ist, und sei es der rechte Name. Tatsächlich eine Tragödie, die der Frankfurter vorausgesehen hat! Die Anderen darf man auch öffentlich als Ungeziefer und Ratten bezeichnen und für den gesellschaftlich moralischen Schlachthof freigegeben. Bitte jetzt keine Widerworte! Wir leben ja schließlich in einer offen pluralistischen und zutiefst demokratischen Gesellschaft, wo jeder mit am Tisch sitzen kann. Außer natürlich die Anderen. Weiterhin guten Appetit.

Foto: Pixabay

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