Wenn ein Konditor zu Fastnacht ein Törtchen mit Indianermotiven verkauft oder seine Mohrenköpfe als Negerküsse, droht ihm ein Shitstorm, der sich gewaschen hat. Doch wenn, wie gerade geschehen, ein Tübinger Konditor Zuckerhasen mit martialischen WK II-Motiven anbietet, weht der Wind des Protestes eher verhalten. Der SWR zitiert zwar pflichtschuldig eine Friedensinitiative, die sich „entsetzt“ zeigte, doch ansonsten ist der Bericht ein ungewohntes Muster an Sachlichkeit und Objektivität, ganz ohne die sonst für den öffentlichen Propagandafunk übliche Empörung. Dabei kommt ausführlich der Tübinger Konditormeister Ulrich Buob zu Wort. Am Verkaufsstand vor der Tübinger Bäckerei gingen die Kriegsmotive besonders gut weg: „Die alten Leute sagen, das kennen sie noch aus ihrer Kindheit. Und viele ältere Leute wollen das einfach nochmal kaufen als Erinnerung. Über Jahrzehnte habe die Bäckerei ihre Kriegsmotive im Schrank, doch dieses Jahr habe sie sich entschieden, sie neu aufzulegen. „Traurigerweise passe es in die Zeit“, meint Buob. Für den Inhaber der Bäckerei, Hermann Leimgruber, gehören die Zuckerhasen zur Tradition – und zwar in all ihren Formen. Er versteht die Aufregung nicht. „Mein Gott, es ist doch ein Teil unserer Geschichte. Die Kinder haben damals den Hasen im Panzer bekommen zu Ostern. Man muss doch nicht immer die Welt verdrehen.“ Ja, was tut man nicht alles, damit die Kasse klingelt. Außerdem steht wieder „der Russ“ vor der Tür. Da gilt es, die Bevölkerung auch mental auf den großen Krieg einzustimmen.
Foto:Pixabay
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