Von Genderisten und Backrassisten

von | Nov 11, 2022 | Aufmacher | 0 Kommentare

Ach wie unbeschwert schön könnte es sein, wenn die Bürger schlafen gehen mit ihrer Zipfelmütze, und zu ihrem Kanzler flehn, dass er sie beschütze. Derweil machen sich die Gutmenschen und Moralapostel auf, das Land von dem, was sie als Rassismus, Diskriminierung und Sexismus erkannt zu haben glauben, im Namen ihrer Wahrheit und Gerechtigkeit zu säubern. Ihr langer Arm reicht längst bis ins sprichwörtliche Essgefach.

Passend dazu hatte die Firma Bahlsen schon vergangenes Jahr ihre Waffel-Kekse „Afrika“ in „Perpetum“ unbenannt, nachdem es Rassismusvorwürfe in den sozialen Netzwerken gab. Der Kontinent blieb einstweilen von einer Umbenennung verschont, da können die Erdkundelehrer beruhigt sein. In der offiziellen Begründung von Bahlsen heißt es, „dass festgestellt worden sei, dass der eigentliche Grund für die Namensgebung vor 60 Jahren heute nicht mehr wahrgenommen werde. Man habe seinerzeit den Bezug zum Rohstoff Kakao herstellen wollen, der in einigen afrikanischen Ländern angebaut werde“. Das heißt also im Umkehrschluss, dass der Waffelkeks heute ohne Kakao hergestellt wird?

Böse, aber geschulte Zungen haben es ohnehin vermutet, dass Bahlsen mit minderwertigen Zutaten, eben auch ohne Kakao, trickst. Im Gegenzug, schließlich ist die vermeintliche Gerechtigkeit ja das Schwert mit dem ständig herumgefuchtelt wird, sollte dem gebürtigen Mexikaner Carlos Santana schleunigst verboten werden, seine genial flinken Finger zu seinem Hit „Europa“ über die ebenso geniale Gitarre Gibson SG gleiten zu lassen. Das ist kulturelle Anmaßung eines Lateinamerikaners, aber vom Feinsten!

Neulich las ich, dass die indische Foodbloggerin Chaheti Bansal das Wort „Curry“ als rassistisch empfindet, weil darunter zahlreiche Begriffe der südasiatischen Küche fälschlicherweise in einen Topf geworfen werden. Die „Weißen“, damit sind die britischen Kolonialherren gemeint, hätten sich nicht mal die Mühe gemacht, die tatsächlichen Namen der Gerichte zu erfahren. Damit liegt Frau Bansal gar nicht so falsch, denn die Briten hatten aus ihrer Sicht damals in Indien wahrscheinlich Besseres zu tun, als sich um die korrekte Benennung von Gerichten zu kümmern. Simplify your life. Dafür stehen heute in den meisten guten Londoner Restaurants Inder am Herd. Strafe muss sein! In Parenthese: Mir waren die Briten ohnehin immer suspekt, spätestens seit dem Wembley Tor im Finale 1966, das ihnen zu Unrecht den Weltmeistertitel einbrachte und Uwe Seeler, Gott hab ihn selig, mit gesenktem Haupt vom Felde schleichen musste.

Wie Curry jetzt heißen soll, lässt Frau Bansal offen. Merkwürdig, dass sich in diesem Kontext die Frankfurter Marktfrauen noch nicht zu Wort gemeldet haben, um die „Grüne Soße“, die allein durch ihre farbliche Zuordnung rassistisch sein muss, jetzt als „Petersilien-Schnittlauch-Sauerampfer-Borretsch-Kresse-Kerbel-Pimpinelle-flüssig-je nach Gusto abgeschmeckte, vermutlich im Frankfurter*Innen Siedlungsraum entstandene Soße“ anzubieten. So viel Zeit muss sein, coming soon. Und was ist mit dem Hamburger*Innen, der den Geschmack ganzer Generationen von Amerikanern*Innen geprägt hat, dem Wiener*Innen Schnitzel oder dem Frankfurter*Innen Würstchen? Darf man das ohne schlechtes Gewissen noch essen? Warme Berliner*Innen, mit Puderzucker bestreut und Himbeerfüllung, wie unlängst in einer Bäckerei der Hauptstadt gesehen, muss doch jeden aufrechten Homosexuellen*Innen auf den Plan rufen. Mein*e Bäcker*In um die Ecke hat neulich die Amerikaner*Innen, ein Gebäck mit weiß-dunkler Glasur, wieder aus dem Programm genommen. Es gab Beschwerden. Nicht über den Geschmack, aber über den Namen und die Glasur. Kann man ja verstehen, ich möchte auch bitte keine Florentiner mehr im Bäckerladen sehen. Weg damit, ihr Backrassisten! Vom Zigeunerschnitzel wollen wir erst gar nicht reden, oder dem Schaumkuss, der zu meiner Kindheit, zugegeben im letzten Jahrhundert, noch als Neger-Kuss oder Mohrenkopf zu haben war. Auch das Bauern-Omelette diskriminiert den ganzen Nährstand, ohnehin ist das Wort Bauer zum Schimpfwort mutiert.

Es bleibt also noch viel zu tun, um unsere kulinarische Welt wieder auf korrekten Kurs zu bringen, so dass jedermann, jederfrau, jedertrans und jederwieersichgeradefühlt unbeschwert zubeißen kann. Da gilt es noch einiges runterzuschlucken, aber es lohnt sich. Schließlich soll ja in Bildung investiert werden, und gerade in diesen komfortablen Zeiten brauchen wir dringend noch mehr Forschung und Gender-Lehrstühle, die uns das korrekte Schreiben und Sprechen, aber vor allem das richtige Denken beibringen. Ohne Wenn und Aber. Mit dieser Gewissheit kann man sich wieder sorglos zur Ruhe betten. Gute Nacht Deutschland!

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