Zweimal in der Woche, mittwochs und samstags, wird im Schatten der Wiesbadener Marktkirche einer der vielfältigsten Wochenmärkte der Republik abgehalten. An rund fünfzig Marktständen auf dem sogenannten Dern’schen Gelände sind die Produkte aller kulinarischen Regionen im näheren und weiteren Einzugsgebiet des Ballungsraumes Rhein-Main vertreten. Einer meiner Lieblingsstände bietet nordhessische Wurstwaren wie Presssack in rot und weiß, und grobe, geräucherte Leberwurst an. Außerdem rassigen Handkäse mit und ohne Kümmel, der bestens zu den deftigen Fleischwaren passt. Gleich nebenan gibt’s echten hessischen Streusel- und Butterkuchen.
Aus dem östlich gelegenen Spessart kommen große, flache Sauerbrotlaibe, die schon jenen ähneln, die in Franken gebacken werden. Der nahe Taunus liefert frisches Lammfleisch, der Hunsrück auf der gegenüberliegenden Rheinseite frisch geschossenes Wildbret, vor allem Hirsch, Reh und Wildschwein. Geschmackvolles Obst – Kirschen, Erdbeeren und Himbeeren – wird aus dem vor den Toren des Rheingaus gelegenen Wiesbadener Stadtteil Frauenstein, einem bekannten Obstanbaugebiet, in die Landeshauptstadt geliefert.
Mit einer enormen Auswahl an teils exotischen Tomatenvarietäten prunkt der Gemüse- und Obsthof Stoll aus Frankfurt-Oberrad – schon der Anblick der grellbunten Früchte ist eine Augenweide. Natürlich findet man auch auf dem Wiesbadener Markt die in schützenden Papierlagen eingewickelten Kräuter für die berühmte Frankfurter Grüne Soße. Im Herbst kann man manchmal Steinpilze aus den naturnahen Bergmischwäldern der Vogesen erstehen, die wegen ihrer besonders festen Konsistenz zu den besten und geschmackvollsten zählen
Eine Besonderheit des Wiesbadener Wochenmarktes ist der Bioland-Obst- und Gemüsestand der Domäne Mechtildshausen, eines Musterbetriebes der Wiesbadener Jugendwerkstatt, deren Ziel es ist, benachteiligte und von Arbeitslosigkeit bedrohte Jugendliche beruflich zu integrieren. In den verschiedenen Betrieben der Domäne – Landwirtschaft mit Ackerbau und Tierzucht, Molkerei, Metzgerei, Bäckerei, Café und Restaurant oder den Verkaufsstellen – können die Auszubildenden verschiedene Handwerke und Dienstleistungsberufe lernen. Ein Vorzeigebetrieb auch hinsichtlich der Qualität der angebotenen Lebensmittel.
Von Wiesbaden ist es nur ein Katzensprung hinüber nach Mainz. Jeden Dienstag, Freitag und Samstag schlagen die Händler und Erzeuger ihre Stände direkt vor dem Mainzer Dom auf, einer mächtigen Kathedrale aus der Zeit der Romanik. Besonderheit des Marktes ist das Mainzer Marktfrühstück auf dem Liebfrauenplatz. Zu Weck (Brötchen/Semmel) und der berühmten Meenzer Worscht (Fleischwurst/Lyoner) schenken Winzer der Region von März bis November ihre Weine aus. Bei den auf dem Markt vertretenen Metzgereien kann man heiße Fleischworscht aber auch im Stehen vertilgen.
Wessen Hunger hernach immer noch nicht gestillt ist, kann das direkt am Hauptportal der Kathedrale gelegene Mainzer Dom-Café besuchen. Es besteht seit 1792 und gilt damit als eines der ältesten Kaffeehäuser Deutschlands. Wer sich hier ein „Meenzer Marktfrühstück“ gönnt, darf sich nicht wundern, abermals mit Worscht und Weck konfrontiert zu werden. Zum Glück gibt es aber auch Konditorenkunst vom Feinsten.
Foto: Pixabay
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