Wenn Sie manchmal morgens mit dem Gefühl wachwerden, heute die Welt retten zu können, ja retten zu müssen, dann sollten Sie jetzt nicht weiterlesen. Wenn Sie nach diesem ersten Satz schon eine Vorahnung haben, dass es vielleicht gar nicht so ist wie es scheint, dann bitte jetzt gedanklich aussteigen. Und tschüss! Denn der folgende Text beschäftigt sich mit der Tafel. Nicht mit der aus der Schulzeit, und auch nicht mit jener, die aus Schokolade gegossen ist. Wir reden über die Tafel, eine 1993 von der Initiativgruppe Berliner Frauen gegründete soziale Einrichtung, die vor allem die Situation der Obdachlosen der Stadt verbessern wollte. Überschüssige Lebensmittel sollten eingesammelt werden, um sie an bedürftige Menschen und soziale Einrichtungen kostenlos zu verteilen. Über 970 solcher Einrichtungen mit rund 60.000 ehrenamtlichen Helfern gibt es heute über die Republik verteilt, die im Dachverband Tafel Deutschland e.V. organisiert sind.
Ein hehrer Gedanke, der auf den ersten Blick einleuchtend und sinnvoll erscheint. Dazu eröffnet er die Möglichkeit, vermeintlich etwas Gutes zu tun, um sich damit selbst ein wohlwollendes soziales Zeugnis auszustellen. Jeden Tag eine gute Tat. Doch die eigentliche Idee, die für bibelfeste Zeitgenossen etwas Sakrales in sich trägt, nämlich Lebensmittel unter die Armen zu verteilen, ist im Laufe der Jahre immer mehr verwässert worden. Wer sind diese Armen, die sich angeblich keine Lebensmittel leisten können und auf die milden Gaben der Tafel angewiesen sind?
Die Frage muss gestattet sein, wieso im Land der weltweit billigsten Lebensmittel (gemessen am Bruttosozialprodukt) überhaupt jemand Hunger leiden muss? Ist das wirklich so? Oder ist es am Ende nur eine Frage, wie und für welche Dinge das monatlich zu Verfügung stehende Budget ausgegeben wird? Zugegeben, eine unangenehme Frage, die so gar nicht in das gesellschaftspolitische Sozialempfinden der Tafel-Aktivisten und in eine Zeit passt, in der realistische Betrachtungsweisen und Wahrheiten gerne zu Gunsten einer Wunschwelt ausgeblendet werden. Immer angesichts eines drohenden Shitstorms, der mit ideologisch geprägtem Eifer für die vermeintlich gute Sache wütet.
Doch immer öfter kommt auch Kritik aus den eigenen Reihen, ob der schamlosen Ausnutzung des Angebotes für wirklich Bedürftige, ausgenutzt von nachweislich Nichtbedürftigen. Pöbeleien und aggressives Verhalten gegenüber den Tafel-Mitarbeitern scheinen mittlerweile zum Tafel-Alltag zu gehören. Auffällig ist, dass Kritik von Mitarbeitern der Tafeln kaum publiziert wird, und wenn, dann schnell wieder aus den Gazetten verschwindet. Gut gemeinte Taten auf der einen Seite, respektlose Profiteure auf der anderen Seite.
Kommt dann noch hier und da ein Migrations- oder Flüchtlingshintergrund dazu, ist das Thema und damit das eigentliche Problem im wahrsten Sinne des Wortes vom Tisch. Scheinbar. Denn in Wirklichkeit glimmt die Zündschnur, alles andere ist Augenwischerei. Wenn der schon sprichwörtliche SUV mit ukrainischen Kennzeichen vorfährt, um Lebensmittel einzuladen, müssen Fragen erlaubt sein. Reicht das Bürgergeld nicht? Auch bei der Vorfahrt der Limousine eines bayerischen Herstellers, die allerdings in Deutschland zugelassen ist, kommen Zweifel an der Bedürftigkeit auf. Die ältere Dame kommt zu Fuß, damit sie hier und da in ihre Tasche noch eine leere Pfandflasche einstecken kann. Zur Aufbesserung ihrer Rente.
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Sie sprechen mir aus der Seele. Mein Mann hat vor zwei Jahren bei einer tafel-ähnlichen Einrichtung im Lager gearbeitet, wo man von diversen Supermarktketten bereitgestellte Lebensmittel – nicht immer abgelaufen, sondern einfach überzählig – abgeholt hat. Subventionen sind natürlich an der Tagesordnung. Die Mitarbeiter bekommen – anders als in Österreich üblich – nicht 14 Gehälter , sondern nur 12, also kein weihnachts- und urlaubsgeld. Der Chef hingegen lässt es sich mit Motorrad und zwei luxuskarossen recht gut gehen. Kunden fahren mit der Mercedes limousine vor…
Als wir als selbständige Gastronomen mal nach einer geschlossenen Gesellschaft in Absprache mit dem Auftraggeber der Party die Reste des Buffets, von denen sicher 30 Leute satt geworden wären, gegen Mitternacht der „gruft“, einer obdachloseneinrichtung in Wien spenden wollten und fragten, ob jemand abholen kommen würde (ca. 500 m entfernt, aber wir konnten nicht weg, wir hatten ja noch Gäste im Lokal), hieß es, nein danke, man nehme nur spenden, die geliefert werden…
Seitdem ist unsere Meinung über solche Einrichtungen und auch deren Kunden nicht sehr hoch