Die Rückkehr zum vollen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent auf Speisen und Getränke im Restaurant war so sicher wie das Amen in der Kirche. Oder hat jemand ernsthaft daran geglaubt, dass sich der chronisch vergessliche Bundeskanzler noch an seine Worte erinnern kann, dass „wir die nie mehr abschaffen“. Gemeint war der reduzierte Steuersatz von sieben Prozent, der ursprünglich als Unterstützungsmaßnahme während der Corona-Krise eingeführt wurde. Jetzt also marsch marsch zurück. Olaf und Konsorten brauchen dringend Geld. Koste es was es wolle.
Dafür pokert man ungeniert mit Taschenspielertricks, die Scholz noch aus seiner Zeit als Hamburger Bürgermeister im sorglosen Umgang mit illegalen Aktiendeals kennt, und bewegt sich auch schon mal vorsätzlich auf verfassungswidrigem Terrain. Vielleicht merkt es ja keiner, war die Devise, der sich die ganze Berliner Laienspielschar bedenkenlos angeschlossen hat. Da fehlt es nicht nur an finanzpolitischem und volkwirtschaftlichem Basis-Wissen, sondern nach dem vernichtenden Urteil eines der höchsten deutschen Gerichte auch an Verantwortungsbewusstsein, Einsicht und Demut gegenüber dem Steuerzahler, der die ganze Schose letztendlich bezahlen muss. Mit besteuerter Arbeit wohlgemerkt, nicht mit Bürgergeld.
Dass die Gastronomie mit der Steuer-Erhöhung das finanzielle Desaster gewissermaßen allein auszubaden hat, wie die Gastroverbände in die Öffentlichkeit posaunen, ist allerdings maßlos übertrieben. Genauso wie die aktuell durch die sozialen Medien geisternden Meinungen, dass sich die Gastromonen mit der Rückkehr zu 19 Prozent Mehrwertsteuer die Taschen vollmachen. Despektierliche Äußerungen von Zeitgenossen die von der Gastronomie genauso viel Ahnung haben, wie die Kuh vom Klavierspiel. Aber sie passen in den Kontext einer Politik, die an ihre Protagonisten keinerlei Anforderungen stellt. Weder moralisch, und schon gar nicht intellektuell. Im Gegenteil. Je ahnungsloser und dreister, desto höher die Position.
Natürlich liegen die tatsächlichen Probleme der Gastronomie nicht allein in der Rückkehr zur alten Besteuerung von Speisen und Getränken. Die überbordende Bürokratie macht vielen Betrieben schwer zu schaffen, ständig gibt es neue Vorschriften, die am gesunden Menschenverstand rütteln. Gestandene Köche berichten, dass sie mittlerweile öfter am Schreibtisch sitzen, als am Herd stehen. Dazu kommt der Personalmangel, der nicht erst seit Corona akut ist und der viele, teils verständliche Ursachen hat. Quasi als Sahnehäubchen einer vermeintlich modernen und gendergerechten Gesellschaft, in der es sich auch ohne geregelte Arbeit staatsalimentiert relativ gut leben lässt, steht die viel beschworene Work-Life-Balance der Gastronomie im Wege. Bittere Realitäten, die nicht in das ideologische Wunschbild eines prall gefüllten Selbstbedienungsladens passen, und denen ahnungslose Halbgebildete mit hilflosen Plänen, verbohrten Irrwegen und dreisten Lügen begegnen. Das politische Niveau der Regierenden hängt derzeit tiefer als die letzte Latte beim Mambo-Tanz!
Doch ein Aspekt, über den man nicht gerne spricht, sollte man bei der „Mehrwertsteuer-Diskussion“ nicht aus den Augen lassen. Die Deutschen selbst sind in Sachen und Essen und Trinken traditionell Sparfüchse und haben es gerne billig. Im Land der Discounter gelten Preiserhöhungen bei Lebensmitteln als Sakrileg und schaffen es als Meldung in die Tagesschau genauso, wie auf die Titelseiten der Boulevard-Presse. Der Verarmungswahn beginnt in Deutschland beim Essen und Trinken. Natürlich kommt jetzt postwendend das Argument, dass es Menschen gibt, die das Brot nicht geschenkt bekommen. Doch stimmt das so? Bemisst man die Lebensmittelpreise in Deutschland am Bruttosozialprodukt, haben wir die billigsten Lebensmittel der Welt. Müßig aufzuzählen, wo alternativ zum Essen und Trinken gespart werden könnte. Der richtige Ansatz ist demnach das „sich leisten wollen“, nicht das „sich leisten können“. Es geht um den Stellenwert des Essens in unserer Gesellschaft, nur daraus resultiert die Bereitschaft den entsprechenden Preis dafür zu zahlen. Und hinter dem stecken dazu Themen wie Tierwohl, Artgerechte Haltung, Nachhaltigkeit, Bio, Regionalität, Naturschutz uswusf.. Nichts davon gibt es zum Nulltarif, und nichts davon wird auch nur annähernd mit billiger Massenware realisiert. Trotz aller Lippenbekenntnisse für eine bessere Umwelt sind die wenigsten Zeitgenossen, unabhängig von ihrer finanziellen Situation bereit, auf billiges Industriefutter zu verzichten, dessen versteckte Kosten durch Subventionen und Umweltschäden kaum jemand bewusst sind, weil sie auf dem Kassenzettel nicht auftauchen.
Und damit landet man wieder in der Gastronomie, deren Angebot, in dem neben Zubereitung, Bewirtung und Personalkosten stecken, vielen Menschen zu teuer erscheint. Und das nicht erst seit gestern. Zwölf Prozent mehr auf Essen und Trinken werden zum Anlass genommen, auf den Restaurant-Besuch vielleicht ganz zu verzichten und der Branche, deren Einkaufspreise ständig steigen, „Abzocke“ zu unterstellen. Die allerdings findet ganz woanders statt! Zum Beispiel an den Tankstellen der Republik, wo die Steuer den Sprit teuer macht und nach Wunsch der Grünen gerade die nächste saftige Erhöhung ansteht. Nach ein paar Tagen Aufregung hat man sich daran gewöhnt und wird demnächst den Liter Diesel für 1,90 Euro als Schnäppchen empfinden.
Dagegen sind zwei Euro mehr für ein Schnitzel mit Beilagen nicht die Welt, die entsprechende Qualität setzten wir mal voraus. Dazu ist ein Restaurant-Besuch in aller Regel auch ein kommunikatives und stimmungsvolles Ereignis mit Familie, Freunden oder Geschäftspartnern. Das sollte einem etwas wert sein in Zeiten, wo schöne Augenblicke den politischen Wahnsinn unserer Tage für Momente vergessen lassen können. Wozu also die Aufregung?
Foto: Pixabay
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