In München hat es geschneit. Sogar ziemlich viel, fast einen halben Meter. Das war vor zwei Wochen und ist nicht so ungewöhnlich, wie es scheint, obwohl die Medien so taten, als habe es mindestens seit Ende der letzten Eiszeit vor 10 000 Jahren nicht mehr so viel geschnien (Partizip II auf bayerisch) im Münchner Schotterbecken. Mittlerweile ist pünktlich zum Weihnachtsfest fast alles wieder weg und überall liegen jene schrecklichen Kieselsteinchen auf den Gehwegen herum, die gestreut werden, seit Salz nicht mehr erlaubt ist in der tiefgrünen Isarmetropole.
Darauf einen Dujardin. Oder vielleicht, der Jahreszeit angemessen, doch besser einen Glühwein. Denn den braucht man jetzt, wenn man bei leichten Plusgraden und Nieselregen auf den Weihnachts- oder Christkindlmärkten herumsteht. An der Glühwein-Front hat sich in punkto Qualität einiges getan und die Chance ist signifikant gestiegen, an einer geschmückten Bretterbude einen roten, weißen oder sogar einen Rosé-Glühwein kredenzt zu bekommen, der einem nicht sofort ein Loch in den Magen ätzt oder im Zuckerschock mündet.
Das Zauberwort heißt: Winzerglühwein. Immer mehr Winzer bieten ihren Kunden spezielle Glühwein-Kompositionen aus Eigenanbau, die man nur noch erhitzen muss. Da dürfte sich etwas finden lassen, auch wenn es sich bei den jeweils verwendeten Grundweinen um solche handeln dürfte, die für höhere Qualitäten nicht in Frage kommen. Das, was einest in der Literflasche verkauft wurde, die zunehmend aus der Mode gekommen ist.
Besondere Vorsicht ist geboten, wenn Glühweinhersteller ein Geheimnis um die verwendeten Basisweine machen wie die Nürnberger Kellerei Gerstacker, bekannt für ihre „Christkindles“-Glühweine im praktischen Großgebinde, wo sich auf telefonische Nachfrage eine übel gelaunte Mitarbeiterin aufs „Betriebsgeheimnis“ beruft.
Schon Wolfram Siebeck predigte, dass man auch bei sogenannten „Kochweinen“ auf die Qualität achten solle. Natürlich empfahl er seinen Lesern nicht, einen Chambertin grand cru für mehrere Hundert oder gar Tausend Euro zu einer Marinade fürs Wildschweinragout zu verarbeiten. Aber es sollte doch ein solider Wein sein, den man auch pur trinken würde. Idealerweise zu jenem Essen, für dessen Herstellung er verwendet wurde.
Welchen Grundwein von welcher Sorte, rot, weiß oder rosé, man für einen Glühwein bevorzugen sollte, ist Geschmackssache. Am ehesten widerstehen fruchtbetonte Tropfen der weihnachtlichen Gewürzdröhnung, sei es Zimt, Sternanis, Nelke, Kardamon und Orange. Wenn man zudem einen Wein mit Restsüße verwendet, kann man sich einen Teil des Zuckers sparen.
Andererseits sollte man auch Grundweine in Betracht ziehen, die eine schöne, knackige Säure aufweisen. Nicht nur, weil ich selbst ein Kind des Rheingaus bin, der deutschen Rieslingregion schlechthin, halte ich Glühwein auf Basis dieser Rebsorte für besonders charaktervoll. Wer will, kann auch zu einem Gewürztraminer greifen oder, wenn es denn sein muss, zu eher anspruchslosen Ertragsbringern wie Müller-Thurgau oder Scheurebe, die mir pur sonst nichts ins Glas kommen.
Wie heiß sollte man Glühwein trinken? Nicht mehr als 70 Grad, empfiehlt das Deutschen Weininstitut, um Alkohol und Aromen zu schonen. Ich würde sagen, die Trinktemperatur sollte immer mit der jeweiligen Außentemperatur korrelieren. Wenn es bitterkalt ist, darf man sich beim ersten Schluck schon mal die Zunge verbrennen. Denn in spätestens fünf Minuten ist die Idealtemperatur erreicht. Wenn man noch länger wartet, wird aus dem Glühwein ein Eiswein. Und zum Hände aufwärmen sollte es auch noch reichen.
Das Würzen des Weines hat eine lange Tradition. Schon die Römer aromatisierten ihren Wein teilweise mit Honig und Gewürzen aromatisiert. Der römische Feinschmecker Marcus Gavius Apicius (25 v. – 43 n. Chr.) soll ein Rezept für Würzwein erwähnt haben, das heutigen Empfehlungen für Glühwein ähnelt: Zimt, Lorbeer, Sternanis, Koriander und Thymian sowie eine große Portion Honig sollte in den Wein gegeben werden, „um ihn genussvoller und haltbarer zu machen“.
Glühwein selbst dürften die Römer nicht gekannt haben, schließlich lebten sie in einer Warmzeit, fetten Jahren, die die Erfolgsgeschichte des römischen Imperiums erst möglich machten. Damals warfen Olivenbäume und Weinrebe selbst auf der britischen Insel Erträge ab; zu Tacitus Zeiten soll man dort auf rund 500 Weinbergen Reben angepflanzt und geerntet haben. Dass es jetzt wieder so weit ist und mittlerweile einige der besten Champagner aus Südengland kommen, ist kein Grund in Panik zu verfallen, sondern eine überaus erfreuliche Entwicklung. Für Olivenbäume müsste es aber noch deutlich wärmer werden. Und das Münchner „Schneechaos“ zeigte, dass auch für Glühwein die Zeit noch nicht abgelaufen ist.
Foto: Pixabay
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