Auf der Rückreise von einem Urlaub in der Provence hatten wir unlängst in dem Chateau französischer Freunde an der Rhone Station gemacht, schräg gegenüber einem Atomkraftwerk, das die Wärmepumpe des Patrons zuverlässig mit billigem Strom versorgt. Die Hausherrin servierte uns zum Mittagessen einen nachösterlichen Lammbraten, ein wunderbar saftiges, zartes und aromatisches Stück Fleisch, drei Stunden im schweren Le Creuset-Bräter zusammen mit Kastanien und Knoblauch in der Schale gegart. Dazu ein mit Comté-Käse überbackenes Kürbisgratin und frisches Stangebrot. Ein Gericht aus der Ardèche, französische Hausmannskost par excellence auf Basis bester bäuerlicher Erzeugnisse.
Einige Tage zuvor hatten wir die Markthalle von Nimes besucht, mit ihrer atemberaubenden Vielfalt erlesener Viktualien gleichfalls eine Offenbarung gallischer Esskultur. Und an jeder Ecke dieses schönen, Genuss affinen Landstriches zwischen Rhone, Südalpen und Mittelmeer findet sich eine Ölmühle, wo man das berühmte, aber in Deutschland nur schwer erhältliche südfranzösische Olivenöl kaufen kann, das Beste soll aus Nyons stammen, wo es eine eigene Appellation contrôlée für die berühmte schwarze Tanche-Olive gibt.
Nicht zu vergessen die vielen kleinen Fermes, auf denen man Ziegenkäse, den ersten Spargel und frische Erdbeeren kaufen kann. Und natürlich die zahllosen Weingüter. Hierzulande noch weniger bekannte Weinbaugebiete Gigondas und Vacqeyras stehen ihrem berühmten Nachbarn Chateauneuf die Pape kaum nach, sie profitieren zudem von einem etwas kühleren Klima, was die hier gezogenen Kreszenzen weniger alkoholreich und bekömmlicher macht.
Der malerische Ort Beaumes-de-Venise in Sichtweite des magischen Mont Ventou gilt als eine der besten Süßwein-Apellationen des französischen Südens auf Basis der aromatischen, blassgoldenen Muscat-Traube. In punkto Qualität und Preis kann man hier manche Entdeckung machen. Überzeugte Ökos wird es freuen, dass der biologische und biodynamische Weinbau hier eine Hochburg besitzt.
Und in jedem etwas größeren Ort gibt es mindestens einmal pro Woche einen Markt, auf dem Erzeuger aus der Region ihre Waren anbieten und wo man sich nicht sattsehen kann. Mit jedem Besuch wächst der Vorrat, den man mit dem Auto in die Heimat transportiert. Der wichtigste Grund, warum ich ungern mit dem Flugzeug verreise. Da reicht der Platz im Koffer höchstens für eine einzige Flasche Olivenöl und wenn die infolge unsanfter Behandlung auf dem Flughafen platzt und ausläuft, wäre das ein sehr unschönes Malheur.
Natürlich wimmelt es in dieser wohlhabenden Region von Sternerestaurants, doch auch mit vorzüglichen Bistros und kleineren Restaurants ist die Landschaft reich gesegnet. In dem Bergdorf Le Barroux unweit der blühenden Benediktinerklöster Saint-Madeleine (Männer) und Notre-Dame-de-l’Annonciation (Frauen) mit gut sortierten Klosterläden findet sich beispielsweise das Bistro L’Entrepotes, das französische Hausmannskost mit provencialischem Einschlag zu vernünftigen Preisen bietet. Es wurde 2008 von einem ehemaligen Sternekoch gegründet und wird heute geführt von dem jungen Arnaud Nicolet, der aus einer Familie stammt, die seit vier Generationen in der Gastronomie tätig ist. Empfehlenswert auch La table de Suzette im gleichnamigen Nachbarort in Sichtweite der bizarren Felsformationen der Dentelles de Montmirail.
Weil man sich auch an der Landschaft hier nicht satt sehen kann und zumindest in den kühleren Frühlings- und Herbstmonaten schöne Wanderausflüge möglich sind mit der Besteigung des Mont Ventou per Auto oder – ab dem Mont Sereine zu Fuß – als krönender Höhepunkt, fällt der Abschied nicht leicht. Versüßen kann man sich die Heimfahrt mit weiteren Abstechern zu kulinarischen Destinationen. Für eine Etappe dieser Art bietet sich am besten die bezaubernde Landschaft des Jura an, wo hinter jeder Straßenbiegung eine Frutière genannte Käsereigenossenschaft mit Comté- Käse oder dem nicht minder berühmten, cremigen, von einer Ascheschicht durchzogenen Morbier wartet.
Unweit des Weinbauortes Poligny, in dem unscheinbaren Provinzstädtchen Champagnole gibt es nicht nur das Maison Janin, einer der berühmtesten Käse-Veredler ganz Frankreichs, sondern auch gleich eine Handvoll vorzüglicher Boulangerien und Patisserien sowie eine gut sortierte Charcuterie, die unter anderem ein breites Angebot von Geräuchertem der Region verkauft. In Deutschland in dieser Fülle unvorstellbar, wo einen nach Überquerung der Grenze bei Lauterbourg wieder die Tristesse eines Landes empfängt, dass den Genuss eigentlich nie gelernt hat.
Foto: Pixabay
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