„Glutenfrei“ – verzichten, weils hipp ist

von | Aug. 22, 2025 | Aufmacher | 1 Kommentar

Gluten ist ein Gemisch von Proteinen, das in Getreidesorten wie Weizen, Roggen, Gerste und Dinkel vorkommt. Das „Klebereiweiß“ ist verantwortlich dafür, dass Teige eine elastische Konsistenz aufweisen und beim Backen ihre Form behalten. Also ein segensreicher Stoff, ohne den die Bäckerei mit ihrer Vielfalt an Brot- und Gebäckspezialitäten nicht denkbar wäre. Doch immer mehr Menschen meinen, der Verzicht auf alles was Gluten enthält, mache sie fitter, schlanker und schöner. Etwa fünf Prozent der Bevölkerung leben schon glutenfrei, Tendenz steigend. Es gibt auch immer mehr Menschen, die ausschließlich Weizenprodukte ablehnen, was den Siegeszug des Urgetreides Dinkel erklärt, das eng mit dem Weizen verwandt ist. Viele Lebensmittelhersteller werben mit dem Label „Glutenfrei“, offenbar ein gutes Geschäft. Dabei tragen auch Produkte dsa Siegel, die von Natur aus kein Gluten enthalten, etwa aus Mais hergestellte Cornflakes.

Medizinisch begründet ist die Enthaltsamkeit nur bei etwa einem Prozent der Bevölkerung – Menschen, die an einer diagnostizierten Zöliakie leiden, einer Autoimmunerkrankung, bei der die im Getreide enthaltenen Proteine eine Immunreaktion des Darms auslösen, die mit Entzündungen und Schädigungen der Dünndarmschleimhaut einhergehen. Betroffene müssen lebenslang strikt auf Gluten verzichten, dürfen also keine Getreideprodukte essen. Eine empfindliche Einschränkung individueller Essgewohnheiten, fällt doch vieles darunter, was zur alltäglichen, mitteleuropäischen Ernährung gehört, darunter Brot und Pasta. Es gibt auch eine Weizenallergie, die ist aber noch seltener als Zöliakie.

Freiwillige Verzichtsregime sind rational schwer zu erklären, es handelt sich wohl um ein Phänomen von Wohlstandsverwahrlosung, allerdings eines, das seinerseits weitreichende gesundheitliche Folgen haben kann. Dass Glutenvermeidung, wie oft in den Medien dargestellt, per se gesünder sei, halten Experten für Unsinn. Stattdessen scheint das Risiko für Herz- und Kreislauferkrankungen und Typ-2-Diabetes unter glutenfreier oder -reduzierter Kost sogar leicht erhöht zu sein. Denn Menschen, die sich glutenfrei ernähren, nehmen weniger Ballaststoff reiche Vollkornprodukte zu sich; außerdem enthalten hochverarbeitete, glutenfreie Produkte aus dem Supermarkt oft mehr ungesunde Fette, Zucker und Salz. Zudem ist Reis ein beliebtes Ersatzprodukt für Weizen und kann mit Schwermetallen wie Arsen belastet sein. Vom kulinarischen Standpunkt aus betrachtet, ist der Befund noch eindeutiger, zählt ein gutes Brot, ganz abgesehen von den Verführungen der Konditorei, zu den größten Genüssen des Alltags.

Foto: Pixabay

1 Kommentar

  1. Sogar meine 81jährige Mutter, die über 70 Jahre ausnahmslos alles gegessen und getrunken hat, und ihr 85jähriger Lebensgefährte sind völlig grundlos, aber dafür umso freudiger auf den Glutenfrei- und Laktosefrei-Zug aufgesprungen und behaupten, sie hätten gegen beides eine Allergie. Bevorzugt essen sie alles mit Dinkel und wissen gar nicht, dass der nicht glutenfrei ist… man nimmt auch nur mehr die ach so gesunde „Kunstbutter“ zu sich. Alter schützt auch bei ernährungstrends nicht vor Blödheit!

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