Isst man beim Camembert die Rinde mit oder nicht? Antwort: Es kommt drauf an. Wenn ein Camembert, hergestellt aus Rohmilch, nicht zu alt ist und noch keine Ammoniaknote aufweist, spricht wenig dagegen, die weiße Rinde des runden, handgroßen Käses mitzuessen. Nimmt die Rinde eine rötlich-braune Farbe an, dürfte sie nur Spezialisten ansprechen, die überreife Käse lieben. Gesundheitsschädlich ist die Rinde auch in diesem Fall nicht, es sei denn der Käse ist, was selten vorkommt, mit Bakterien der Gattung Listeria verunreinigt. Aber solche Chargen werden meist rasch aus dem Handel genommen. Und eine Listeriose stellt für die meisten gesunden Menschen nicht viel mehr als eine Befindlichkeitsstörung dar. Panik ist also nicht angesagt.
Immer sollte ein Camembert professionell affiniert sein und keinen quarkähnlichen Kern mehr haben. Außerdem sollte man ihn nie direkt aus dem Kühlschrank essen, eine Binsenweisheit, die für fast alle Käse gilt, mit Ausnahme von Frischkäse oder Mozzarella. Am besten ist er, wenn sich die goldgelbe Teigmasse unter der Rinde bei Zimmertemperatur zu verflüssigen beginnt. Vorsicht: Wenn man ihn zu lange auf einer Käseplatte liegen lässt, beginnt er „wegzulaufen“ und kann schon mal den Esstisch fluten.
Der Camembert und sein Verwandter, der Brie de Meaux, ist in Frankreich der beliebteste Weichkäse. Er wird als unverzichtbarer Teil eines Käsegangs während eines Menüs aufgetischt und solo oder mit frischem Baguette verzehrt. Zubereitungen wie der in Deutschland so beliebte „gebackene“ Camembert mit Preiselbeerkompott und Salat sind den Franzosen ein Graus. Aber man muss es ja nicht immer so halten wie unsere Nachbarn. Auch ich esse so etwas manchmal ganz gerne als warmen Snack zwischendurch, wenngleich vom charakteristischen Geschmack des Käses nach der Prozedur des Panierens und Frittierens nicht viel übrigbleibt.
Für einen gebackenen Camembert sollte man, wenn man nicht gleich zu einem Fix- und Fertigprodukt aus der Kühltheke greift, keinen handgeschöpften, aus Rohmilch hergestellten AOP-Käse verwenden, hier tut es auch ein mit pasteurisierter Milch bereiteter deutscher oder französischer Industriekäse. Der erste deutsche Camembert/Brie wurde ab 1887 von den Milchwerken Fulda-Lauterbach produziert und unter dem Markennamen „Lauterbacher Strolch“ verkauft. Um die Jahrtausendwende wurde die Produktion dieser oberhessischen Weichkäse-Käsespezialität nach französischem Muster eingestellt.
Echter Rohmilch-Camembert mit dem AOP-Siegel für eine geschützte Herkunft stammt aus der Gegen der kleinen Gemeinde Camembert in der Normandie. Der Weichkäse mit weißer Edelschimmelrinde hat dort eine lange Tradition: Einer Legende zufolge soll ihn 1791 zu Zeiten der Französischen Revolution gemäß die Bäuerin Marie Harel erfunden haben. Sie gewährte einem Priester aus Brie, einer Region im heutigen Departement Seine-et-Marne in der Île-de-France, der auf der Flucht war, Unterschlupf. Der Abbé weihte sie in die Kunst der Käseherstellung ein, die in Brie seit dem 13. Jahrhundert belegt ist. Spätestens als Kaiser Napoléon III. Camembert bei Hofe servieren ließ, begann der Käse dann seinen Siegeszug um die Welt.
Sehr beliebt ist auch der etwas cremigere und weniger geschmacksintensive Brie, als Brie de Meaux oder Brie de Melun ebenfalls mit einem AOP-Siegel versehen. Brie wird in Form großer, flacher Torten angeboten, von denen man sich ein Stück in gewünschter Größe abschneiden lässt. Der „Ur-Camembert“ soll indes mehr dem heutigen Livarot geähnelt haben, der eine rot geschmierte Rinde besitzt, ähnlich einem Munster, und noch einmal etwas intensiver schmeckt als Rohmilch-Camembert. Seine Ursprungsregion liegt etwa 13 Kilometer von Camembert entfernt.
Das „Geheimnis“ des echten normannischen Camembert soll die Milch sein, aus der er hergestellt wird. Sie soll wegen der Nähe zum Atlantik und der salzhaltigen Winde, die die Weiden überstreichen, besonders aromatisch sein. Ob man das wirklich schmeckt, sei dahingestellt. Es macht übrigens nichts, wenn der Edelschimmel während der Lagerung im Kühlschrank über die Anschnittfläche des Camemberts wächst. Ungenießbar wird der Käse, wenn sich auf ihm dunkle Pilznester oder rosa-weiß glänzender Schimmel gebildet hat.
Foto: Pixabay
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