Deutscher Wein – Willkommen in der Krise!

von | Okt. 10, 2025 | Aufmacher | 0 Kommentare

Lauscht man den Gesprächen unter Kollegen, Freunden und Bekannten, ist Krise angesagt. Überall. Schlägt man die Zeitung auf, oder schaltet den Staatsrundfunk ein; überall das gleiche Bild. Krise wohin man hört und blickt. Eigentlich nichts Neues, jedenfalls nicht im Westen. Wären wir ehrlich würden wir zugeben, dass wir Deutschen Krisen-Weltmeister sind, wir eigentlich Krisen lieben und uns darin baden, um am Ende wenigstens die Moral von der Geschichte vorausgesehen zu haben. Denn Krisen gehen in aller Regel nicht gut aus. Die Krise im Fußball hat dazu geführt, dass wir gegen einstige Fußball-Zwerge vor eigenem Publikum verlieren. Und in der Vorrunde einer Weltmeisterschaft ausscheiden. Trotz des ewigen Manuel Neuer im Tor.

In der Politik ist die Krise Dauergast. Mehr noch. Sie ist die Rechtfertigung für ungezählte und zusätzliche Arbeitsplätze in der Krisenverwaltung, um zu retten was nicht zu retten ist, was man vielleicht gar nicht retten kann, oder was vielleicht auch gar nicht gerettet werden muss. Sei’s drum, so genau will, und vor allem soll es ja auch keiner wissen. Hauptsache die Retter halten sich um jeden Preis am steuerfinanzierten Futtertrog, und predigen dabei ihren Arbeitgebern (zur Erinnerung: das sind die Steuerzahler) Wasser zu trinken. Die Pointe mit dem Wein, die das Sprichwort eigentlich impliziert, zieht nicht mehr. Denn auch der Wein steckt in der Krise. Immer mehr Deutsche greifen zu alkoholfreien Alternativen, der Korken bleibt immer öfter im Flaschenhals stecken. Dabei ist doch die Weinwelt so schön bunt, und überschlägt sich mit Jubelmeldungen.

„Deutsche Rotweine in Pole Position“, „Winzer trotzen mit Spitzenqualität der Krise“ und „Das Deutsche Burgunderwunder hält an“, sind nur einige der Schlagzeilen, die der „VDP. Die Prädikatsweingüter“ in seinen Pressemeldungen dem erstaunten Volk unterjubelt. Gleichzeitig erzählen VDP-Mitglieder hinter vorgehaltener Hand von teils dramatischen Absatzproblemen, vollen Kellern und von Weinbergen, die man gerne loswerden möchte, um die Produktionsmenge zu reduzieren, weil der Markt sie nicht mehr aufnehmen kann oder will. Da schaut man doch lieber optimistisch zum „Deutschen Weininstitut DWI“ nach Bodenheim in der Nähe von Mainz, quasi das vinologische Pendant zum Öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Ein mit Zwangsabgaben der Winzer finanziertes behördlich organisiertes Konstrukt, das sich freut wie Bolle, wenn die „Sunday Times“ ein paar Zeilen über deutsche Weine schreibt, und der Wein-Export nach Finnland gesteigert werden kann. Nicht zu vergessen die großartige jährliche Kultveranstaltung zur Wahl der deutschen Weinkönigin, die das DWI federführend organisiert und finanziert.

Und dann sind da noch all die berufenen und unberufenen Wein-Experten, eine Heerschar von Sommeliers, Profis und Laien, Promi-Winzer und solche die sich dafür halten. Alle vereint in der Mission, den (noch) geneigten Weintrinkern mit Vorträgen über Aromen und Analysedaten für den perfekten Genuss zu begeistern. Wäre sie nicht schon da, könnte man spätestens jetzt die Krise bekommen. So aber fragt niemand, warum der Wein und damit die Winzerschaft tatsächlich in der Krise stecken, wenn von offizieller Seite solche hervorragende Arbeit geleistet wird? Am Ende doch Blendwerk? Oder dem Alkoholkonsum geschuldete Realitätsverweigerung? Wenn das Produkt nicht mehr läuft, schauen die Erfolgreichen auf die Qualität, das Marketing, den Preis, definieren Ziele und entwerfen dazu eine Strategie. Die deutsche Weinwirtschaft und ihre Protagonisten klopfen sich lieber auf die Schulter. Na dann Prost!

Foto: Pixabay

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